Steffen Meltzer

Zuweilen schießt „Satire“ wie ein Giftpilz aus dem Boden. Nach der umwelt- und nazisauenden WDR-Oma und den lustbetonten müllbelasteten Ausdünstungen einer Hengameh Yaghoobifarah in der Taz, kommt immer wieder einer des Weges, der noch einen draufsatteln muss. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kauft man offenbar gern Leute ein, damit sie ein totes Pferd weiter reiten. 

Überraschung! Einmal mehr ist unsere angeblich „rassistische Polizei“ am medienwirksamen Pranger. Diesmal im öffentlich-rechtlichen Kanal „Funk“, der sich besonders an junge Menschen richtet. Der betreffende TV-Komiker Aurel Mertz möchte diese selbstverständlich nicht unter Generalverdacht stellen. Nein natürlich nicht, aber aufgrund dieses ständigen „Racial Profiling“ muss der lustige Wandersmann seine Finger in die nationale Kollektivwunde legen. Das tut er dann auch eilfertig, macht ja sonst keiner.

Absehbare Kritiker werden schon einmal in vorweggenommenen Gegenangriffen damit abgefertigt, dass diese zwar Lisa Eckhart verteidigen würden, jedoch wenn’s gegen die Polizei geht, könne das nur Hetze sein. Nun gut, ein ernsthaft gemeinter Vergleich zwischen der smarten Österreicherin und unserer noch schöneren Polizei kann nur Satire sein. Schauen wir uns das Meisterwerk des komischen Witzemachers etwas genauer an:

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Eine Person mit offensichtlichem Migrationshintergrund – dargestellt vom Autor Aurel Mertz höchst persönlich – fummelt an der Sicherung seines Fahrrades herum. Zwei Polizisten betreten die Szenerie. Einer greift beim Anblick des vermeintlichen Fahrraddiebes sofort zu seiner Waffe am Holster, sein Kollege verhindert (noch), dass diese zum Einsatz kommt. Ist ja unter Deutschlands Polizisten schließlich auch völlig normal, das erst geschossen und dann gefragt wird. Erstaunlicherweise sind beide Polizeibeamten der Sprache mächtig und halten inne, „Hier stimmt was nicht!“, Verstärkung wird angefordert. „Notfall, ein Ausländer!“, höchste Alarmstufe, Hektik macht sich breit, die nur noch durch die „üblichen rassistischen Vorurteile“ zu strukturieren ist. Man hat ja nichts anderes auf der Pfanne, bei dieser sauschlechten Ausbildung. 

Anschließend sinnieren beide Polizeibeamte darüber, ob er vielleicht doch ein Deutscher oder „nur“ ein Ausländer ist. Nun wird beraten, ob er für einen Schwarzen nicht vielleicht doch zu hell sei, das sei er auf alle Fälle für einen Drogendealer. Aha, nun ist guter Rat teuer, aber für einen Fahrraddieb ist er glücklicherweise noch schwarz genug. Eifrig wird der Tatort erst einmal präventiv mit Flatterband abgesperrt, man weiß ja nie bei diesen Leuten… 

Ein neues Problem türmt sich auf, einer der einfältigen Beamten im gehobenen Dienst hat schon einmal etwas von einen Albinoschwarzen gehört, die sind ganz doch weiß. Ratlosigkeit macht sich breit. Als die ominöse Person am Fahrrad plötzlich mitteilt, „Ihr wisst, dass ich euch verstehen kann!“, kommt endlich, welch himmlische Erlösung, ein zusätzlicher Scharfschütze zum Tatort des grauslichen Geschehens. Martialische Bilder einer schweren Bewaffnung überfluten den Bildschirm. Ein Magazin wird krachend in eine Langwaffe eingeführt, der Ladehebel durchgezogen, die Waffe entsichert, der vermeintliche Schwerverbrecher ins Visier genommen. 

Plötzlich spricht der Verdächtige, „Hey hey, das ist mein Fahrrad, ich habe auch einen Fahrradpass“. Als er diesen am Körper sucht und danach greifen will, erfolgt die standrechtliche Exekution durch den Scharfschützen aus wenigen Metern Entfernung. Blut läuft aus dem Mund, der junge Mann verstirbt, ein Arzt wird nicht hinzugezogen.

Na klar doch, alles nur Spaß gewesen aber so läuft das nun einmal hierzulande üblicherweise jeden Tag mehrfach ab – so verstehe ich die Botschaft.

Schnell beschließen die Polizeibeamten von ihrer Notwehr zu berichten, schließlich hat der Fahrradpass scharfe Kanten. Vergleiche zu Messerangriffen auf Polizeibeamte aus nächster Nähe ergeben sich ganz bestimmt rein zufällig.

Läuft: Indoktrination

Was der Film verschweigt: Nach alter deutscher Polizei-Tradition werden die Leichen der Erschossenen über die Straße geschleift und abgelegt, wenn sich dort der Verantwortungsbereich eines benachbarten Polizeireviers befindet. Danach nichts wie weg. Vorsicht Satire, bitte keine Kritik. 

Als Polizeibeamter, so unterstellt der Funk-Komödiant, braucht man in Deutschland keine Rechtskenntnisse oder anderes kurioses Wissen, dafür muss man ein guter Märchenerzähler sein und braucht das nur zu Protokoll bringen. Das hier verkündete Märchen heißt „Notwehr durch Kommissar Fritz und Franz gegen Mohammed“. Holla die Waldfee, „sehr lustig“ diese neue „Satire!

Aber die Peinlichkeit der Satire-Simulation ist noch nicht vorbei. Der Hammer folgt auf dem Fuße, als sich herausstellt: Das Opfer war deutscher Staatsangehöriger. Die verräterischen weißen Socken in den teutonischen Sandalen identifizieren den Getöteten als „einen ‚Bruder‘ von uns“. Wie konnte das passieren, Verzweiflung über die eigenen bösen Vorurteile bricht aus. Ein Kommissar reißt sich die Mütze vom Schädel und siehe da, was für ein Heidenspaß, ein Naziglatzkopf in Uniform! Man hatte es bereits geahnt. Während des großen Katzenjammers klaut im Hintergrund ein weißer, mutmaßlich deutscher Mann das Fahrrad des „auf offener Straße“ (ok es war ein Hinterhof) hingerichteten Irrtums vom Dienst. 

Ein bemerkenswertes populistisches Eigenwerbefilmchen, ohne jeglichen Humor durchgezogen auf Kosten unserer Polizei. Der unlustige Autor und Hauptdarsteller hat leider nur ein Problem damit, dass der Zuschauer seine „Satire“ bewerten und man stelle sich das vor, kritisieren darf. Vielleicht hätte er sich einmal darüber informieren sollen (gut gegen Vorurteile), dass nicht der Absender, sondern der Empfänger den Inhalt einer Nachricht bestimmt. Natürlich kann man diese Binsenweisheit außer Kraft setzen, indem das Publikum abgeschafft und Kritik verboten wird. Eine Alternative wäre den Beitrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzuschmelzen. Dr. Hans Georg Maaßen sprach von einem Euro.

Mein Artikel erschien zuerst auf Tichys Einblick