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Der ehemalige deutsche Nationalspieler  ist für mich ein trauriges Beispiel dafür, was schief laufen kann, wenn man es laufen lässt und dadurch ein nichtakzeptables Verhalten aus „Rücksicht auf einen Migrationshintergrund“ verschlimmbessert.

Sich mit einem anbiedernden Wahlkampffoto mit „meinem Präsidenten“, einem Alleinherrscher zu stellen, der die Demokratie in seinem Land zum eigenen Machterhalt zurückfährt und Menschen grundlos einsperrt, war leicht zu durchschauen und für ein Mitglied der deutschen Nationalmannschaft nicht hinnehmbar.

Gündogan hat sich wenigsten im Nachhinein versucht zu erklären, deshalb ist er heraus gefallen aus dem Dauerfeuer der  öffentlichen Kritik. Özil hatte das nicht für nötig gehalten.

Gründel, Löw und der DFB hatten, wenn auch nicht kontinuierlich,  ihre schützende Hand über den plötzlich aufgetretenen Problemfall gehalten, anstatt eine klare Ansage darüber zu machen, was man zukünftig erwartet. Probleme die man kleinredet oder unter den Teppich kehrt, potenzieren sich bis hin zu einer Explosion. Das Einmaleins der Konfliktlösung selbst für Anfänger wurde abgeschafft. Die gesellschaftliche Tendenz des mangelnden Willens und der Unfähigkeit, dass eine heile Welt und Hochglanzprojekte wichtiger sind als schwierige Auseinandersetzungen produktiv anzugehen, einmal mehr bestätigt.

Die Frage, ob es sportlich und gruppendynamisch klug war, Mesut Ö. mit nach Russland zu nehmen, wurde durch seine schwache Leistung zur WM ausführlich von diesem selbst beantwortet. Freilich war er nicht der einzige Versager, aber niemand hat dieses blamable Ausscheiden in der Vorrunde allein an seiner Person festgemacht, wie er fälschlicherweise behauptet. Eine Ausrede, menschlich verständlich und trotzdem unprofessionell.

Wer es dennoch wagte, den Deutschen Özil zu kritisieren, ist nach dessen Auffassung ein „Rechter“ und/oder „Rassist“, wie man nach seinen jetzigen „Erklärungen“ zur Kenntnis nehmen muss. Sicher gab und gibt es auch rassistische und unfaire Kritiken, diese Abwertungskeule aber auf ein besessenes Fußballvolk mit Bausch und Bogen zu übertragen, empfinde ich als äußerst unanständig und unehrlich. Das negiert das eigene sportliche Versagen und zeugt von einer großen Uneinsichtigkeit der eigenen Taten.

Die Kritik an der Kritik gipfelt beim türkischen Justizminister in den Worten: „Ich gratuliere Mesut Özil, der mit seinem Ausscheiden aus der deutschen Nationalmannschaft gegen den faschistischen Virus sein schönstes Tor geschossen hat. Auch seine deutsche Justizkollegin Katharina Barlay bläst ins gleiche Horn: „Es ist ein Alarmzeichen, wenn sich ein großer, deutscher Fußballer wie Mesut Özil in seinem Land wegen Rassismus nicht mehr gewollt und vom DFB nicht repräsentiert fühlt.“ Der Minister eines Despoten mit der deutschen SPD-Ministerin in trauter Eintracht.

Der ehemalige Bezirksbürgermeister von Neukölln muss Gründe gehabt haben zu schreiben: Die SPD habe sich in weiten Teilen von der Lebenswirklichkeit, den Sorgen und Nöten der Menschen völlig entfernt

Die Berliner „Migrationsforscherin“ Professorin Naika Foroutan, will gar Anzeichen dafür sehen, dass sich Deutschland in eine „präfaschistische Phase“ entwickelt. Als Beispiel nennt sie den Umgang mit Mesut Özil:

„Als jüngeres Beispiel nannte sie die Debatte um den deutschen Fußballnationalspieler Mesut Özil, der zusammen mit dem türkischen Staatspräsidenten für ein Foto posiert hatte: „Ein Bild mit einem Autokraten, während die WM bei einem Autokraten stattfindet, wird genutzt, um Özil das Deutschsein zu entziehen“. Darin sähen viele Migranten eine Warnung: „Dass einem die Zugehörigkeit jederzeit entzogen werden kann, egal welche Verdienste man hat und welche Leistungen man erbracht hat“. Zitat Ende.

Niemand hat versucht, Mesut Özil das Deutschsein zu entziehen, Kritik gab es vor allem, weil er einem menschenverachtenden Despoten im Wahlkampf durch seinen Auftreten unterstützt hat. Später kam die schwache WM-Leistung dazu. Kritik wird hier als „Rassismus“ und  „Majestätsbeleidigung“ umgedeutet.

Wasch mir den Rücken, aber mach mich nicht nass.

Kritik war im Fußball schon immer gewollt und erlaubt, sogar im ehemaligen Ostblock, warum ausgerechnet nicht auch gegenüber dem Legionär Mesut Özil? Weil sein Herz auch türkisch schlägt? Das wäre geradezu rassistisch gegenüber Nichttürken. Es darf nicht sein, dass jegliche sachliche Bewertung eines Verhaltens oder einer Leistung daran erstickt wird, weil sie zwingend aus einer „rechten Ecke“ kommen müsste.

Das sind Totschlagargumente, die jeden weiteren Gedankenaustausch in Deutschland gänzlich unmöglich machen.

Niemand ist unantastbar, niemand steht über den Dingen. Ich erinnere an das vorbildliche Verhalten von Emre Can, der das Treffen mit Erdogan ablehnte.

Özil hat gleich mehrfach versagt. Wie andere übrigens auch; nur deren Umgang damit war von Einsicht und Demut in das eigene Tun und Unterlassen gekennzeichnet. Das vermisse ich bei diesem ehemaligen Nationalspieler grundlegend.

Diese Einstellung zu sich selbst und seinen Kritikern enthüllt auch seine schlechte Leistung zur WM und sein Schweigen am Medientag des DFB. Nun ist der Vorgang entschlüsselt, besser spät als nie.

Reisende soll man nicht aufhalten, mit seinem Rücktritt ist er seinem Rauswurf offensichtlich zuvorgekommen.

Nationalspieler mit Migrationshintergrund sind in Deutschland herzlich willkommen. Aber bitte nur solche, die sich an unsere über viele Generationen hart erkämpften gesellschaftlichen Werte und Normen halten (wollen). Fehler sind erlaubt und mitunter unvermeidbar. Es kommt auf den eigenen Umgang damit an. Wer klug ist, arbeitet an seinen eigenen Defiziten und zeigt nicht mit dem Zeigefinger auf andere. Dass das positiv-problemlos mit viel Herz und Hingabe möglich ist, beweisen die vielen Erfolgsgeschichten anderer Spieler. Hier ging es schließlich nicht um das weit verbreitete Mobbing, sondern eine schwache fußballerische Leistung und das Hofieren eines Despoten.

Steffen Meltzer ist Autor von „Schlussakkord Deutschland: Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“.