Titelbild/alle Fotos: envato

Mobbing ist heutzutage ein weitverbreitetes Phänomen. Die Dunkelziffer (ca. 1 Million Arbeitnehmer) ist  enorm hoch, da sich Betroffene oftmals davor scheuen, sich an entsprechende Stellen zu wenden. Hinzu kommt eine ungenannte Zahl an Schülern.

Das Thema und der Begriff “Mobbing” war in den 90er-Jahren eine regelrechte “Modeerscheinung”. “Mobbingvereinbarungen” schossen damals wie Pilze aus dem Boden, um diesem tagesaktuellen Thema politisch korrekt  Folge zu leisten.

Inzwischen ist diese Thematik weitestgehend wieder verschwunden. Kaum jemand macht sich die Mühe, sich weiterhin  ernsthaft   mit diesem Problem zu befassen. Dabei ist der damit verbundene Psychoterror so präsent wie kaum jemals zuvor. Nur die Politik der Behörden und Unternehmen hat sich grundlegend geändert.

 

Aus den Augen aus dem Sinn! Der “Modetrend” heißt vielmehr “Burnout”!  Mobbing , bei uns? Gibt es nicht!  

Das hängt damit zusammen, dass man gemerkt  hat, dass von diesem Burnout-Szenario auch Führungskräfte betroffen sind, weswegen man an diesem Thema ein vordergründiges Interesse entwickelt hat. Währenddessen bleiben die “kleinen Mitarbeiter” – ob im öffentlichen Dienst oder in der freien Wirtschaft, Mobbing weiterhin ausgesetzt, ohne dass man sich derentwegen groß bemüht  Klärungen herbeizuführen.

Burnout ist übrigens gemäß der ICD-10 durch die WHO keine anerkannte und klassifizierte Krankheit, sondern lediglich ein Modewort, hinter dem sich anderweitige echte und sehr ernsthafte Erkrankungen verbergen können. Im 19. Jahrhundert sprach man in diesem Zusammenhang beispielsweise von „Neurasthenie“, das man als Führungskraft unbedingt einmal gehabt haben sollte, um dem Unternehmen gegenüber als „aufopfernd“ und „loyal“ zu handeln.

In Wirklichkeit treffen Stresserkrankungen nämlich eher die Mitarbeiter am Ende der Befehlskette, da diese sehr viel mehr fremdbestimmt sind und nur wenig Einfluss auf ihre Arbeitsorganisation und  deren Ausführung nehmen können. Hierfür gibt es entsprechende aufschlussreiche Studien.

 

Psychische Gewalt

„Mobbing ist gewiss eine destruktive Form, um einen betrieblichen oder sozialen Konflikt so zu führen, dass die Gegenseite immer stärker psychisch belastet wird und demzufolge in die Defensive gerät.“ Die französische Autorin und Therapeutin Marie-France Hirigoyen weist jedoch auch darauf hin, dass einem Teil der Mobbingfälle kein solcher Konflikt zugrunde liegt, sondern der unmittelbare Wunsch des Täters nach psychischer Destabilisierung von anderen. Die wichtigste Vorgehensweise  ist dabei für den Aggressor eine grundsätzlich perverse Kommunikation. Dabei wird mit der Sprache manipuliert um den Betroffenen zu entstellen.  Lügen und unbeweisbare Behauptungen, Sarkasmus und Spott, Verachtung und scheinbares Mitgefühl usw. werden in paradoxer Abfolge eingesetzt. Während Mobbing prinzipiell einem Ziel (Isolation, Ausstoßung, Bestrafung) zustrebt, ist die perverse Kommunikation schon am Ziel  –  sie ist Selbstzweck.

Mobbing hat – zumindest ab einer gewissen Dauer – dramatische Auswirkungen für den Auserwählten. Ganz im Gegensatz dazu wirken die einzelnen feindseligen Aktivitäten, aus denen sich das Mobbing zusammensetzt, oft wenig dramatisch, beinahe unspektakulär. Vergleichbares hat jeder schon einmal einstecken müssen. „Die äußerliche Diskrepanz zwischen scheinbar undramatischen Attacken und dramatischen Auswirkungen gibt dem unerfahrenen Beobachter Rätsel auf. Er kommt leicht zur Vermutung von Überempfindlichkeit des Betroffenen. Nicht selten wird die zerstörerische Wirkung von Mobbing deswegen unterschätzt. Ein Mobbingfall setzt sich aus einer Vielzahl solcher Attacken, Manipulationen, Demütigungen, Ausgrenzungen, Verunsicherungen oder Diskriminierungen zusammen, die über einen längeren Zeitraum auf den Betroffenen einwirken. Die Verletzlichkeit des Betroffenen verschärft sich noch, wenn die Angreifer jede Form von Feindseligkeit leugnen, die Angriffe sehr subtil oder anonym erfolgen.“  (GdP Arbeitsbroschüre Nr. 16)

Sogenannte “Mobbingvereinbarungen” und “Mobbingbeauftragte” in Unternehmen/ Behörden sind oft das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen.  Die Ergebnisse können dann Scheinverfahren sein, die den Aufwand nicht wert sind.  Sie bestätigen lediglich, dass niemand auch nur irgendeinen Fehler gemacht haben will  und darüber hinaus der “schwarze Peter”  einmal mehr dem Gemobbten zugeschoben wird.

Gang Of Youths Fighting

 

Treiben wir es auf die Spitze

Kann man ein sogenanntes “Mobbingverfahren” dazu nutzen, um den  Geschädigten erneut zu mobben?

Selbstverständlich ist das möglich, wenn Unternehmen oder Behörden gegen  sich selbst ermitteln! Deshalb ist durch den Geschädigten prinzipiell anzustreben, dass externe Ermittler die Untersuchung führen. Die Gefahr ist einfach zu groß, dass interne Beauftragte  den Fall  im Sinne der Bosse “passend” machen und das Opfer erneut als der Gelackmeierte dasteht. Mehrere Fälle davon sind mir bekannt.

Natürlich kann Mobbing auch missbräuchlich angezeigt werden, um andere Personen mutwillig zu beschädigen bzw. zu vernichten. Außerdem ist nicht jede angeprangerte Handlung als Mobbing  zu verstehen.

Aber:

Unternehmen, Behörden, Chefs und Vorgesetzte mauern nicht selten bei diesem Thema, da “nicht sein kann,  was nicht sein darf”. Oft wird die Chance vertan, klaren Tisch  zu machen. Eine echte Teamentwicklung im produktiven Sinne des Unternehmens/der Behörde ist nur möglich , wenn der Konflikt hervorgeholt und geklärt wird.  Stattdessen werden Probleme gern unter den Tisch gekehrt, der Gemobbte als “Querulant” abgestempelt und abgeschoben, ohne dabei den Gesamtorganismus zu betrachten. Jeder ist sich dann selbst der Nächste.

Es gibt bestimmte Arbeitsstrukturen und einer damit verbundenen Führungsunkultur, die Mobbing begünstigen.  Wenn unter solchen Bedingungen Mitarbeiter mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen präsent sind, vor allen solche, die sich vorzugsweise auf Kosten anderer profilieren (siehe auch Artikel “Narzissten und Psychopathen”)  kommt es schnell zu regelmäßigen Angriffen.  Die Ziele sind demnach, den Geschädigten in seinem beruflichen und sozialen Ansehen zu zerstören und ihn somit letztendlich aus dem Arbeitsprozess auszuschließen. Hat der Gemobbte in der Folge endlich aufgegeben und ist aus dem Team ausgeschieden, wird  “zur allgemeinen Überraschung” bald  der nächste  Mitarbeiter gemobbt.

violence at office

 

Warum führen Arbeitgeber und Chefs massive Abwehrkämpfe gegen Mobbingvorwürfe? 

Weil daraus die Unternehmens/ Behörden- und Führungskultur  durch den Weggang  des Gemobbten als bewährt  hervorgegangen ist und die Persönlichkeitseigenschaften der aggressiv-kalten Täter unangetastet blieben. Dadurch wurden deren  Stellungen als Mobber im Team sogar gestärkt,  auch wenn das vielleicht gar nicht in der Absicht des Unternehmens/der Behörde lag.

Jedes nicht geahndete antisoziale Verhalten führt dazu, dass diese Personen in immer kürzeren Abständen immer perversere Angriffe unternehmen, da sie sich in ihrem Umgang gegenüber den auserwählten Opfern durch Nichtahndung  der Chefs/Vorgesetzten gestärkt fühlen.

Dreht sich die Spirale der Per­fi­di­tät somit ungestört viele Jahre, gibt es kein Zurück mehr. Viele Mitläufer machen allein deshalb “gemeinsame Sache”, damit sie nicht selbst die nächsten “Auserwählten” auf der Klaviatur der Niedertracht sind. Diese Bedingungen heißt es dann zu verändern, was oft nur sehr schwer bis unmöglich ist. Unternehmen/ Behörden, die Mobbing einräumen, würden auch zugeben, dass mit ihren inneren Gegebenheiten und der Personalauswahl der Führungskräfte etwas suboptimal  gelaufen ist. Denn Chefs und Mobber gehen schnell eine “Notgemeinschaft” ein, um genau diese notwendigen Veränderungen zu verhindern.

Mobbing dient mitunter einer kalten Personalpolitik ,  um rechtliche und soziale Gepflogenheiten zu umgehen. Mit anderen Worten: Um einen personellen Aufwand inkl. Kosten wie für Konfliktlösungsverfahren , Einhaltung von Rechtsvorschriften und Auseinandersetzungen mit Rechtsanwälten wegzudrücken. Mitunter auch, weil es einfach bequemer ist, man den Aufwand scheut und es einer Verwaltung “Arbeit”  macht.  Außerdem braucht man keine Täter gegen deren Willen entlassen, umsetzen, arbeitsrechtliche bzw. Disziplinarmaßnahmen einleiten usw.  Es “profitieren” in der Summe somit ganz viele davon, wenn der Geschädigte als “krank” und “querulatorisch” abgetan und entfernt  wird. Der (gemobbte) Geschädigte wird spätestens jetzt endgültig zum Opfer.

Mobbing enthält oft Straftatbestände wie unterlassene Hilfeleistung, Nötigung, Verleumdung, üble Nachrede bis hin zur Körperverletzung. Außerdem beinhaltet es Verstöße gegen das Arbeitsschutz-gesetz, denn jeder Arbeitgeber,  egal ob in der freien Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst,  ist gesetzlich verpflichtet,  seine Arbeitnehmer/ Bediensteten gegen solche menschenverachtenden Auswüchse der Bösartigkeiten zu schützen.

Geht  Mobbing über viele Jahre, können schwere Erkrankungen, eine dadurch verbundene Frühverrentung bis hin zum Tod des Betroffenen – durch Suizid, Herzinfarkt, Schlaganfall usw. – die Folge sein.

Aber auch der wirtschaftliche Schaden beträgt nach Schätzungen des DGB ca. 25 Milliarden Euro/Jahr.

Aufgrund der damit verbundenen menschlichen Schicksale und der erheblichen ökonomischen Belastungen in Deutschland heißt es, solche Zustände und Machenschaften nicht zu dulden. Gewerkschaften, Personal- und Betriebsräte sind hierfür gute Ansprechpartner, wenn auch kein Allheilmittel.