AUF DEN KOPF GESTELLT

Am vergangenen Mittwoch ereignete sich in einem Intercity in Flensburg ein Zwischenfall, bei dem eine 22 Jahre alte Polizistin von einem Mann mit einem Küchenmesser angegriffen wurde. Die junge Polizistin schoss zweimal auf den Angreifer eritreischer Herkunft, wobei dieser tödlich verletzt wurde.

Die taz titelt zu dem Vorfall affektiert: „Ein Schuss und viele Fragen“. Ob sich das Blatt wegen eines deutschen Getöteten auch so ins Zeug gelegt hätte? Polemisch führt das Blatt aus, dass es sich bei dem getöteten Angreifer um eine Person mit Migrationshintergrund handelte, der sich legal in Deutschland aufhalten würde. Als ob das für den Geschehensablauf relevant wäre.

Anklagend wird hier darüber berichtet, dass der Sachverhalt vielleicht doch anders gewesen sein könnte, als zuerst allerorts dargestellt. Die Gewerkschaft der Polizei und die Junge Union kommen ebenfalls nicht gut weg, da diese das Handeln der im Krankenhaus liegenden Polizeibeamtin positiv bewertet haben. Die Polizistin hätte nicht helfend im Zug eingegriffen, sondern wäre („nur“) selbst das Angriffsziel des Eritreers gewesen.

Immerhin räumt die taz ein, dass der „Schutzsuchende“ die junge Polizistin mit einem Küchenmesser angegriffen und verletzt habe. Generös wird eingestanden, „Klar: Wer mit einem Messer angegriffen wird, darf sich wehren.“ Donnerwetter!

Als die Polizeibeamtin angegriffen und verletzt wurde, so der zitierte Polizeibericht, schrie sie um Hilfe. Was die taz ausblendet, kein Opfer ist verpflichtet eine schimpfliche Flucht anzutreten („Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“) und dabei um Hilfe zu rufen. Im Übrigen auch keine bewaffnete Polizeibeamtin. Dass sie trotzdem lautstark auf ihre Notlage durch Hilfeschreie aufmerksam machte, ist ihr mehr als hoch anzurechnen und zeugt von einem unbändigen Deeskalationswillen, um das Schlimmste abzuwenden. Als ein hinzukommender Fahrgast der jungen Frau helfen wollte, soll er vom „Geflüchteten“ zu Boden gestochen worden sein, auch sein Arm wurde gebrochen. Der Tatbestand eines Verbrechens war sowieso schon längst erfüllt. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand lag damit eine gegenwärtigeGefahr für Leib und Leben für gleich mehrere Personen vor. Das konnte den Einsatz der Schusswaffe aus meiner Sicht nicht nur rechtfertigten, sondern auch erforderlich machen, um den lebensgefährlichen Angriff wirksam zu beenden.

Symbolfoto

Der Einsatz von Pfefferspray hätte keine ausreichende Wirkung gezeigt und mit Elektroschockern sind Polizeibeamte normalerweise nicht unterwegs und/oder ausgerüstet. Es gilt unter Einsatztrainern und weiteren Fachleuten innerhalb und außerhalb der Polizei als sicher, dass selbst gut trainierte Polizisten einen überraschenden Messerangriff aus unter sieben Metern Entfernung kaum noch mit einer Schusswaffe mannstoppend abwehren können. Dass es die junge Beamtin doch schaffte, verdient meinen allerhöchsten Respekt!

Offensichtlich sitzen in der taz-Redaktion die besseren „Polizeifachleute“ in ihren klimatisierten Räumen und auf gut gepolsterten Sesseln.

Niemand ist verpflichtet, sich selbst und andere einer tödlichen Gefahr auszusetzen durch wehrlos Hinnahme. Ein Motto steht immer: Ergreife die Initiative und wehre dich, vor allem wenn es um dein Überleben geht! Überraschung für die taz: Sogar Polizisten haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit und ihr Leben. Oft genug müssen sie dieses einsetzen, zum Beispiel bei Amoklagen.

Oder verwechselt die eifrige Zeitung die Konfliktbewältigungsstrategien, die man vielleicht selbst anwendet, um einen „Streit“ beizulegen. Polizisten haben nicht die Zeit, Stuhlkreise zu bilden oder tiefenpsychologische Analysetaz zu erstellen. Sie müssen innerhalb von Zehntelsekunden eine Entscheidung treffen, manchmal auch über Leben und Tod. Dafür gebühren ihnen Anerkennung und mitunter auch Mitgefühl, jedoch keine Vorverurteilungen, wie es leider immer noch üblich ist.

Aber das war noch nicht alles, denn selbstverständlich wird auch bei diesem „Einzelfall“ die polemische Frage gestellt, ob der mutmaßliche Täter nicht vielleicht doch unter einer psychischen Störung gelitten haben könnte. Es könnte ja sein, dass die Nichtannahme dessen nicht sein kann. Vielleicht oder auch nicht, die taz weiß es nicht, berichtet aber darüber. Die Phantasie des Artikelschreibers kennt keine Grenzen, er fragt ob die Uniform eine „Panikreaktion“ ausgelöst haben könnte?

Die taz sinniert: „Die Beamtin aus Bremen hatte eigentlich dienstfrei, hätte also keineswegs in Uniform reisen müssen.“

Trifft das auch auf „uniformierte Zugschaffner“ zu? Sind diese selbst „schuld“, dass es in Zügen zu immer mehr Gewalt gegen das eingesetzte Zugpersonal kommt? Nach dieser taz-Logik gibt es weniger Gewalt, wenn es keine Uniformen gibt. Warum nicht gleich die Polizei abschaffen? Keiner nimmt mehr Strafanzeigen auf, die Kriminalität geht gegen Null, manche Politiker wären endlich am Ziel ihrer Sonntagsreden.

Soll weiter nach diesem Zeitungsartikel decodiert heißen, wäre die uniformierte Polizistin nicht vor Ort gewesen, hätte der Angriff auf diese nicht stattgefunden. Besser noch, hätte sie keine Uniform getragen, gäbe es keinen Toten und zwei Schwerverletzte. Dann wäre sie nämlich unbewaffnet und deutlich wehrloser gewesen. „Schuldfrage“ damit so gut wie geklärt!

Außerdem wird uns damit erneut indirekt das Märchen aufgetischt, dass 40% aller „Flüchtlinge“ unter einer Traumatisierung durch Krieg und Flucht leiden würden. Das ist aber gelinde gesagt unwissenschaftlicher Nonsens.

Als nächsten „Joker“ bringt die taz eine angebliche Aussage des Leiters der Polizeischule Plön ins Spiel, der angeführt haben soll, dass es „eigentlich“ nicht vorgesehen sei, dass Beamte in der Freizeit mit Uniform und Waffe unterwegs sind.

Ja „eigentlich“ doch! Deutschlandweit fahren Beamte in Uniform „in ihrer Freizeit“, beispielsweise zum und vom Dienst, in Uniform mit Waffe. Das wird von den öffentlichen Verkehrsmitteln sogar ausdrücklich gern gesehen und gefördert. Steht für das Land Schleswig Holstein zum Beispiel unter Punkt 4.2. der „Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen“, die auch der Herr Leiter der Polizeischule nicht außer Kraft setzen kann. Das hat auch seinen tieferen Sinn: Hunderte Male haben Polizisten dem Bahnpersonal in Konfliktsituation in ihrer „Freizeit“ beigestanden und sich dabei selbst legal in den Dienst versetzt. Erst vor wenigen Tagen hatte die Gewerkschaft der Polizei deutschen Bahnhöfe als „Angst-Räume“ bezeichnet. „Laut Kriminalstatistik gab es dort in den vergangenen Jahren deutlich mehr Diebstähle und Körperverletzungen.“ Polizeibeamte und andere Uniformträger bei der Bahn herzlich willkommen!

Um zum Ausgangspunkt zurückzukommen. Die taz titelte „Ein Schuss und viele Fragen“, dem möchte ich hinzufügen, „Die haben den letzten Schuss nicht gehört“.

Steffen Meltzer, Buchautor von „Schlussakkord Deutschland – Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“