von Steffen Meltzer

Die Berliner Zeitung berichtet davon, dass ihr der Entwurf der Ampelregierung zu einem Polizeibeauftragtengesetz vorliegt. Darin soll eine Anlaufstelle für Beschwerden geschaffen werden. In Deutschland soll zwar ein Fachkräftemangel herrschen, das trifft jedoch nicht auf das Beauftragtenwesen zu. Allein die Bundesregierung beschäftigte im Jahr 2018 immerhin 39 Bundesbeauftragte. Hinzukommen die vielen Ernannten in den Ländern, bis hin zu den Kommunen, die sich sogar „Fahrradbeauftragte“ leisten. Im Land Brandenburg beispielsweise wurde eine langjährige SPD-Abgeordnete in das Amt gewählt, die vor ihrer Politikerzeit als Krankenschwester und Pflegekraft gearbeitet hat. Die Chance auf eine externe autarke und unbelastete Person wurde damit vertan. Nicht nur zufällig gehört der märkische Ministerpräsident ebenfalls der Sozialdemokratie an.

Zu gern wird von „unabhängigen“ Polizeibeauftragten in Deutschland gesprochen.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt äußert u.a.:

  1. „Der Polizeibeauftragte ist keine harmlose ‚Beschwerdestelle‘, sondern eine politisch gelenkte Ermittlungsbehörde, in der sämtliche Schutzrechte für Beschuldigte PVB entfallen.“
  2. „Der PB ist niemals ‚unabhängig‘, sondern von der Mehrheit im Parlament gewählt, er kann sofort wieder gefeuert werden. Deshalb wird er bei seinen ‚Ermittlungen‘ zu politisch gewünschten Ergebnissen kommen.

Das sehe ich allerdings genauso. Es ist nun jedoch auch nicht so, dass es in der Polizei in manchen inneren Bereichen keine erheblichen Defizite gäbe. Die Behörden halten selbst eine ganze Reihe von haupt- und nebenamtlichen „Beauftragten“ vor, die mir bisher immer dadurch aufgefallen sind, weniger die Interessen und Rechte einzelner betroffener Beamter vertreten zu haben, sondern ausschließlich die der Behördenleiter. Das ist immer gut für deren Karriere und meistens schlecht für die, die sich Unterstützung erhofft hatten.

Wer als betroffener Bürger glaubt, durch einen der Polizeibeauftragten zu seinem Recht zu kommen, der sollte nicht zu viel Hoffnung in dieses Amt investieren. Es sei denn, er spielt einigen Politikern in die Karten, um damit ein negatives Pauschalurteil gegen die gesamte Polizei herbeizureden. Siehe ein unten genanntes Beispiel aus Berlin. Dem gegenüber stehen  hochgejazzte „polizeiliche Einsatzprobleme“, die allesamt als Bettvorleger gelandet sind: Bei gewalttätigen Ausschreitungen durch Linke wuchsen die immer selben Akteure aus SPD, Linken und Grünen über sich hinaus. Aus Ungelernten und Fachfremden wurden urplötzlich Einsatzspezialisten für Großlagen, die die Polizei verurteilte, währenddessen es bei anderen Demonstranten gar nicht hart genug zugehen konnte.

Dieselbe Hoffnungslosigkeit dürfte auch auf die nicht wenigen Polizeibeamten zutreffen, die innerhalb ihrer Einrichtungen an eine unüberwindbare Wand aus Schweigen, Abwehr, Hierarchie und Behördendschungel stoßen, die es unmöglich macht, Konflikte zur beiderseitigen Zufriedenheit zu lösen und ihre Rechte durchzusetzen. Böse Zungen behaupten, so etwas würde es tatsächlich geben.

Der Triumpf des Misstrauens

Aber auch für die anderen Polizeibeamten sieht es nicht gut aus. Misstrauen der Regierung bestimmt die Agenda des Gesetzestextentwurfs. Die Berliner Zeitung berichtet: Der Polizeibeauftragte des Bundes soll „alle Dienststellen und Räumlichkeiten der Polizei auch ohne Voranmeldung betreten dürfen, sollte das für seine Tätigkeit notwendig sein. Behörden und Gerichte wären dann verpflichtet, dem Beauftragten alle Dokumente und Akten auszuhändigen, die er verlangt. Der Beauftragte soll laut Gesetzentwurf unabhängig von etwaigen Straf- oder Disziplinarverfahren tätig werden dürfen. Er könnte also selbst dann aktiv werden, wenn die Staatsanwaltschaft noch zu dem Fall ermittelt“.

Offensichtlich orientiert man sich dabei an der Vorgehensweise des Landes Berlin: Dort sprach die GdP bereits in einem laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren von einer neuen Paralleljustiz. Die BZ schreibt: „Der Bürger- und Polizei-Beauftragte des Landes, Alexander Oerke, verschickte am 28. September Briefe an drei beteiligte Beamte. Unter der Überschrift „EILT! Anhörung“ wird den Polizisten mitgeteilt, dass er die ‚näheren Umstände des Todes‘ untersuche. Zur weiteren Aufklärung ist eine persönliche Anhörung Ihrer Person beabsichtigt‘. Am 5. Oktober sollten sich die Beamten bitte um 11 Uhr in seinem Büro einfinden. Ohne Unterschrift und ohne Rechtsbelehrung landeten die Vorladungen bei den Betroffenen.“ Im offenkundigen übereifrigen Jagdfieber hatte es der Beauftragte „vergessen“, die Polizeibeamten darauf hinzuweisen, dass sie ausdrücklich nicht verpflichtet sind, dieser Vorladung zu folgen. Weitere Hintergründe zum „Todesfall Mutombo“  lesen Sie hier.

Zum Vorhaben der Bundesregierung hagelt es Kritik: Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Alexander Throm (CDU) „sieht in dem Gesetzentwurf ein eindeutiges Zeichen des ‚Misstrauens gegenüber unseren Sicherheitsbehörden“. Seine Devise lautet: „Rückendeckung statt Gegenwind für unsere Polizisten“.

Selbst die SPD-freundliche GdP äußert sich durch ihren Vorsitzenden der Bundespolizei Andreas Roßkopf zu den Plänen. „Die Polizeibeamten nehmen die Pläne als Generalverdacht der Politik gegen die Polizeibehörde wahr.“

Rainer Wendt bringt es auf den Punkt: „Darin manifestiert sich das tiefe Misstrauen der Regierung gegen die eigene Polizei. Die Stelle ist in Wahrheit eine Paralleljustiz, die sich nur gegen die Polizeien des Bundes richtet.“

Immer mehr Polizeibeamte kündigen ihren Job.

Bis zum 30. September diesen Jahres haben allein in Rheinland-Pfalz 30 Polizeibeamte gekündigt. 2013 waren es im gesamten Jahr lediglich 13 gewesen. Es soll sich vor allem um junge Polizisten handeln. Die „Chancen“ stehen durch dieses erneute Misstrauensvotum „gut“, dass diese Zahlen in Deutschland weiter ansteigen. Jedenfalls wenn die Politik durch immer neue gesellschaftlich einschneidende Entscheidungen dafür sorgt, dass die eingesetzten Polizisten kaum noch aus den Stiefeln kommen. Wenn man die Ursachenforschung für diese Kündigungswelle betreibt, kommt man schnell zum springenden Grund. Thomas Meyer, Landesvorsitzender der DPolG, spricht u.a. davon, dass sich immer mehr Polizeibeamte durch die herrschende Politik „im Stich gelassen“ fühlen. Er ergänzt: „Der inneren Kündigung folgt zwangsläufig die formale Kündigung.“

Das ist in anderen Berufen ähnlich. Wenn das Gerüst aus Verantwortlichen  nicht hinter seinen Mitarbeitern steht, verschlechtert das die Arbeitsatmosphäre. Jeder kann die Uhr danach stellen, um zu beobachten, wie die Krankenausfallzeiten sowie Kündigungen steigen. Da nützen auch auf die Dauer das „schöne Gehalt“ nichts und die vielen Hochglanzprospekte, die für neue Bewerber das Blaue vom Himmel versprechen. Der Arbeitsfrust steigt und bevor die Betroffenen irreparabel krank werden, erfolgt die Flucht aus den toxischen Umständen. Gerade jungen Polizeibeamten sind heutzutage Tür und Tor in anderen lukrativen Aufgabenfeldern weit geöffnet.

In einem Beruf zu arbeiten, in dem herrschende Teile der Politik den Polizeibeamten ständig mehr Probleme bereiten, die Verursacher jedoch ständig mit dem ausgestreckten Finger auf die vorgeschickten „Problemlöser“ durch einen Generalverdacht bis hin zur geplanten Beweislastumkehr zeigen, hält auf die Dauer nicht jeder aus.

Ich gehe davon aus, dass das auch den Gesetzestextentwerfern bekannt ist. Kollateralschäden werden billigend in Kauf genommen. Vielleicht sollte die Polizei einen „Politikerbeauftragten“ einführen, auf einen mehr oder weniger kommt es in dieser Zunft auch nicht mehr an.

Mein Beitrag erschien zuerst auf Tichys Einblick.