Autor: Steffen Meltzer

Ein Wahlhelfer soll bei der Brandenburger Kommunalwahl am 26. Mai 2019 im Landkreis Oder-Spree bei der Auszählung der Stimmen für die Stadtverordnetenversammlung eine „gewisse“ Anzahl von Stimmen für die AfD den Grünen zugeschlagen haben. Seine Motivation war und ist, wie er selbst gegenüber dem Tagesspiegel sagt, politisch: „Mein Herz schlägt links“. „Marius Lange“, so sein Pseudonym in dem Bericht des Tagesspiegels, war beim Auszählen der Stimmen nicht kontrolliert worden. Es war auch nicht sein erster Einsatz als Wahlhelfer.

Auch die regionale Märkische Oderzeitung (MOZ) hatte von dem Fall Lunte gerochen und bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt, die angeblich von nichts wusste. In dem Artikel vom 26.08.2019 heißt es:

„Staatsanwalt Klaus Nolte, Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam, hat sich in seiner Behörde umgehört: Ergebnislos. ‚Ich kann weder den Eingang einer entsprechenden Strafanzeige bestätigen, noch laufen im Hause dazu Ermittlungen‘, erklärte er am Montag. Es gebe auch keinen Prüfvorgang in der Sache. Ohnehin liege Oder-Spree nicht in der Zuständigkeit des Landesgerichtsbezirks Potsdam. Die zuständige Staatsanwaltschaft Frankfurt dementiert ebenfalls, mit dem angeblichen Wahlbetrug befasst zu sein. ‚Ein solcher Sachverhalt ist hier im Hause nicht bekannt‘, teilte Sprecher Ingo Kechichian mit.“

Die große Kehrtwende 

Dann legte sich der Tagesspiegel noch einmal kräftig ins Zeug und schickte seine Rechercheure auf Ermittlungsspur. Der Fall hatte bereits viel Staub in der medialen Zirkusmanege aufgewirbelt: Nach dem Wink mit dem Zaunpfahl, der Tagesspiegel habe bereits im Mai über die mögliche Wahlmanipulation berichtet, hat die Staatsanwaltschaft in Potsdam nun doch entdecken können, dass ein Vorgang angelegt worden war. Das bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam am 27.08.2019 gegenüber dem Tagesspiegel und „revidierte damit teilweise seine Aussagen gegenüber anderen Medien.“ Denen hatte er gesagt, „es gebe keinen Eingang einer Strafanzeige, keine Ermittlungen, nicht einmal einen Prüfvorgang.“ Nun lässt er sich so zitieren:

„Wir prüfen einen Anfangsverdacht bezogen auf eine Manipulation der Stimmenauszählung durch einen Wahlhelfer am 26. Mai im Land Brandenburg. Wir prüfen das auf alle rechtlichen Gesichtspunkte, insbesondere Wahlfälschung nach Paragraf 107a des Strafgesetzbuches.“

Auch das Büro des Landeswahlleiters soll laut Tagesspiegel vor geraumer Zeit die Staatsanwaltschaft informiert haben. Dort wäre ein Ermittlungsvorgang mit dem Aktenzeichen und der Ziffernkennung UJs (unbekannt) angelegt worden.

Dass man mit der staatsanwaltschaftlichen Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens absichtlich bis nach der Brandenburger Landtagswahl am 01.09.2019 warten wollte, ist selbstverständlich nur eine böswillige Unterstellung. Der eigentliche politische Nutznießer der aufgedeckten Wahlfälschung wäre schließlich durch den Solidarisierungseffekt wohl die AfD.

Aber nicht nur die Staatsanwaltschaft hatte nach dem Fund des betreffenden Strafverfahrens im eigenen Hause nunmehr eine „modifizierte Meinung“, sondern auch der mutmaßliche Wahlfälscher selbst: Er habe mit dem Betrug zeigen wollen, dass derlei Wahlfälschungen auch zugunsten der AfD möglich gewesen wären. Wirklich sehr edel und löblich für den Mann mit dem links schlagenden Herzen. Hatte er doch anfangs lediglich von einer „spontanen Handlung“ gesprochen, „auch weil er sich gegen die zunehmend fremdenfeindliche Stimmung im Land zur Wehr setzen wollte“. Wie viele Stimmen er dabei gefälscht hat, kann er nicht genau sagen, „aber mindestens 50 könnten es gewesen sein“.

Strafbefehl? Egal!

Der Mann gibt seinen Wahlbetrug nicht nur zu. Er würde sie auch jederzeit wieder begehen, so seine Aussage gegenüber dem Tagespiegel, dem er auch eine eidesstattliche Erklärung für seine Manipulationen vorgelegt hat.

Wie hoch das Dunkelfeld beim Wahlbetrug ist, lässt sich bestenfalls erahnen. Gibt es noch weitere Verdachtsfälle? Auch darauf hätte die Öffentlichkeit eigentlich einen Informationsanspruch und zwar zeitnah. Eine rechtsradikale Beleidigung oder gar Gewalt wäre vermutlich durch die Behörden schon Minuten später offiziell und sehr ausführlich kommuniziert worden.

Die von ihm so sehr begehrte positive Aufmerksamkeit wird der junge Wahlhelfer, der die Entscheidung von Wählern für die AfD nicht hinnehmen wollte, erhalten, da bin ich mir ganz sicher. Auch wenn es vielleicht nicht gleich auf Anhieb für den Heldenstatus einer Greta oder Rackete reicht. Manchmal müssen es vielleicht anfangs auch kleine Brötchen mit einer großen Schwindelei sein, um in der sogenannten Zivilgesellschaft aufzusteigen. Zumindest hat uns doch der junge Aktivist klar gemacht, dass Wahlbetrug eine große Leichtigkeit sein kann, die es politisch korrekt auszunutzen gilt.

Steffen Meltzer, Autor von „Schlussakkord Deutschland – Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“ Sonderexemplare nur 9,99 €

Der Artikel erschien auch auf „Tichys Einblick“